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Zum Glück wurde der Stephansdom nicht 50 Jahre nach seiner Errichtung schon wieder abgetragen.
Nicht für alle mag dieser Vergleich hinken: Wer war schon öfter beim musikprotokoll (live oder in Ö1) als im Stephansdom?
Diese Frage darf aber erst in ca. 600 Jahren gestellt werden, ungefähr dann, wenn das John Cage Projekt in Halberstadt sich seinem Ende zuneigt!
Wagners, Mahlers - oder Ligetis(!) - einst unmögliche Musik: Unbedarfte halten sie heute für Filmmusik zu einem Hollywoodstreifen, den sie gerade nicht kennen.
Oder der gesellschaftszersetzende Surrealismus: Heute selbstverständliche und wirkungsmächtige Strategie globaler Werbeästhetik.
Jahrzehnte und länger dauert es, bis waghalsige Entdeckungen und Entwicklungen an den Rändern des Gewohnten von diesen Rändern in die Mitte wandern.
Nicht weil man sich daran gewöhnt, sondern weil sie den neuen Konsens überhaupt erst vorbereiten, bauen. Schrittchen für Schrittchen. Das Tempo nimmt ohnehin zu:
Ein "Neutöner" wie John Cage wird schon mit seinem 100er geradezu zu einer life-style Ikone, die uns postfreudianischen Verzweiflungstätern und Depressionskonsumenten aus der Neuen Welt die Leichtigkeit herüberhaucht.
Mahlers Vision war gewiß nicht die Filmmusik zu Harry Potter. Wir wissen heute wogegen er sich mit seinen zerrissenen Symphonien stemmte. Seine Ästhetik bleibt historisch interessant und auch bewegend - als zivilsatorisches Werkzeug hat sie aber ausgedient.
Neue Gesellschaften brauchen neue Werkzeuge. Und die werden nun mal in Elfenbeintürmen entwickelt - in der Kunst genauso wie in der Wissenschaft, der Medizin, der Technik, der Philosophie. In diesen Elfenbeintürmen sind - Demokratie sei Dank - Besucher willkommen. Das ist gar keine lästige Pflicht. Auch Haydn hätte sich schon gefreut, wenn jeder Wiener zur 'Schöpfung' ins Palais Schwarzenberg hätte kommen können und dürfen.
Dies - ohne ihn wirklich zu erwähnen - mein kurzes Plädoyer für die Erhaltung (wenn nicht Erweiterung!) eines Elfenbein-Leuchtturms, den nicht nur KomponistInnen sondern auch die vielen InterpretInnen benötigen - nicht zuletzt als Korrektiv an der Impotenz der Musikuniversitäten am Zeitgenössischen und Zukünftigen. Ein Leuchtturm, der Sehnsuchtsort ist für KünstlerInnen aus anderen Ländern, die keine selbsternannten Musikländer sind: das musikprotokoll.
Und dann sind da noch die HörerInnen die mitgehen, mithören wollen - bei der flüchtigsten Kunst die es gibt!
Die, die nicht viel brauchen - außer ihren Ohren: und wer hört, ist auch sonst nicht hörig sondern hellhörig!
Wagen wir es, das nicht zu wollen? Wurde das Genom im Musikantenstadel entschlüsselt?