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Keine Petition zur Erhaltung des musikprotokolls Nein, ich unterschreibe keine Petition zur Erhaltung des musikprotokolls. Ich denke überhaupt nicht daran. Wir haben um nichts zu bitten. Wir haben die Verantwortlichen, allen voran die Herren Wrabetz und Grasl, an ihre Pflichten und an ihren gesetzlichen Auftrag zu erinnern und alle parlamentarischen und rechtlichen Schritte zu setzen, damit die Herrschaften zur Ordnung gerufen werden.In Österreich erleben wir derzeit das Heraufkommen einer neuen Generation von Managern im Kulturbereich. Selbst der ohnehin grauenhafte Begriff des "Kulturmanagers" wäre im konkreten Fall schon ein unberechtigter Ehrentitel. Während sich die Vorfahrer dieses neuen Typus von Funktionären noch damit begnügt hatten, ein reiches Erbe zu verwalten (ohne irgend Neues hinzuzufügen) und von den Zinsen des von vergangenen Generationen geschaffenen geistigen und künstlerischen Kapitals zu leben, beginnt die naßforsche Machergeneration, mit der wir es jetzt zu tun haben, vollkommen ungeniert mit der Zerstörung von wesentlichen Institutionen des geistigen und kulturellen Lebens in unserem Land.An der Wiener Staatsoper steht entgegen dem klaren gesetzlichen Auftrag jetzt schon die dritte Saison lang kein einziges Werk auf dem Spielplan, das nach 1942 komponiert worden ist. 80 Jahre Musikgeschichte werden stillschweigend unterdrückt, das wichtigste Opernhaus der Republik zu einem Amusierbetrieb für eine dünne Oberschicht gemacht, die jeder Konfrontation mit dem Hier und Heute enthoben sein möchte. Für Aufzeichnungen gefälliger Produktionen aus dem Haus am Ring, zuletzt zB des unter dem besonderen Protektorate des Herr Reichskulturministers Goebbels uraufgeführten Konversationsstücks "Capriccio", hat der ORF jederzeit Summen zur Verfügung, die ein Vielfaches des seit Jahren stagnierenden Budgets ausmachen, welches die öffentlichrechtliche Sendeanstalt heuer gerade noch in ein international beachtetes Festival wie das musikprotokoll im steirischen herbst zu investieren bereit ist.Ich bin überhaupt nicht bereit, eine derartig infame Attacke auf jedes künstlerische Schaffen in Österreich ernsthaft zu diskutieren. Daß es sich um eine solche handelt, zeigt schon alleine der Umstand, daß der ORF ja nicht nur eine Kindsweglegung im Falle des musikprotokolls, sondern auch den Rückzug von den Tagen der deutschsprachigen Literatur und dem Ingeborg-Bachmann-Preis plant. Wir haben es mit einem bösartigen und vollkommen sinnlosen Angriff auf das Geistige, auf die schöpferische Intelligenz in unserem Land zu tun. Bösartigkeit und Sinnlosigkeit der Attacke erhellen schon alleine aus der Tatsache, daß die durch das angekündigte Zerstörungswerk allenfalls einsparbaren Beträge noch nicht einmal im Promillebereich des ORF-Budgets liegen.Nein, ich unterschreibe in einem solchen Zusammenhang keine Petition. Ich verlange in einem solchen Fall das Einschreiten des für die Vollziehung des Rundfunkgesetzes zuständigen Bundesministers, ie des Bundeskanzlers Werner Faymann. Was hier vorliegt, ist kein Fall, in dem ein paar Musikschaffende und Literaturfreunde als Bittsteller vorstellig werden müssen. Hier hat die durch das Gesetz berufene Vollziehung tätig zu werden. Es geht nicht an, daß die Republik sich durch die Verleihung Großer Staatspreise mit ihren Genies schmückt, gleichzeitig aber schweigend zusieht, wie diesen jede Wirkungs- und Lebensmöglichkeit im eigenen Land genommen wird. Von den drei lebenden TrägerInnen des Großen Staatspreises für Musik leben genau aus diesem Grund zwei, nämlich Georg Friedrich Haas und Olga Neuwirth seit Jahren im Ausland.Nein, ich unterschreibe keine Petition, weil ich niemanden um etwas zu bitten habe. Ich habe aber einen Einsparungsvorschlag der in eine andere Richtung weist, als das stumpfe und stupide Streichen von allem und jedem, was auch nur ein bißchen nach Kunst und geistigem Anspruch aussieht. Mein Einsparungsvorschlag sieht die Verfünffachung des musikprotokoll-budgets bis 2017 vor. Mit einem solchen Budget lassen sich international vermarktbare Produktionen herstellen, die Herr Wrabetz und sein kaufmännischer Direktor Herr Grasl dann für schweres Geld verkaufen können.
Das ist nämlich in einer arbeitsteilig organisierten Gesellschaft IHR job, nicht unserer.
Wir stellen herausragende Musikproduktionen her, die von einigermaßen fähigen Rundfunk- und TV-Managern ohne weiteres vermarktet werden können. Wenn sie dazu nicht in der Lage sind, sollen sie das Feld räumen und die Aufgabe Personen überlassen, die ihr gewachsen sind. Ich bin aber nicht bereit, bis dahin stillschweigend zuzusehen, wie ein bedeutendes künstlerisches und kulturelles Erbe aus Gedankenlosigkeit und Trägheit verschludert und zerstört wird.Alleine die Verschwendung von Zeit und guter Energie, die in der Bindung der Kraft und Phantasie so vieler von uns besteht, die sich mit der Organisation von Protest und Widerstand gegen diese inkompetente Form des Umgangs mit dem gesetzlichen Auftrag des ORF kümmern müssen, anstatt sich mit ihren eigentlichen Aufgaben befassen zu können, ist ein vollkommen überflüssiges, grobes Ärgernis. Ich fordere Sie, sehr geehrter Herr Wrabetz, auf, diesem unwürdigen Schauspiel umgehend ein Ende zu bereiten und eine unmißverständliche Garantieerklärung für den Fortbestand der von Ihnen in unbedachter Weise in Frage gestellten Institutionen abzugeben. - Über die (ganz einfachen) Schritte zur Bedeckung der notwendigen Erhöhung des musikprotokoll-Budgets auf das Fünffache des aktuellen Beitrags können wir uns unmittelbar nach Vorliegen dieser überfälligen Erklärung unterhalten. Das wird ein gutes Geschäft für den ORF. Sie werden halt ein bißchen die Ärmel aufkrempeln müssen.Sven Hartberger
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